Wer auf einer Flugreise in Chinas größter Stadt zwischenlandet, kann sich bei der Gelegenheit etwas in Shanghai umschauen. Wenn man den Halt ein wenig verlängert und den Trip in die Stadt gut plant, lässt sich in kurzer Zeit schon eine Menge erleben.
Hände hoch! Diesen Selfie-Spot an „The Bund“, der Uferpromenade des Flusses Huangpu, lässt sich kaum jemand entgehen. Die Kulisse ist irre: Drüben türmt sich das Manhattan Shanghais auf, ein Wirrwarr aus Hochhäusern wie aus einem gigantischen Baukasten, gekrönt vom 623 Meter hohen Shanghai Tower, einem der höchsten Gebäude der Welt.
Nach Einbruch der Dunkelheit füllen sich die Fassaden der Wolkenkratzer mit Leben, dann glitzern bunt die Lichter. Hier erlebt man Chinas Millionenmetropole von ihren modernsten, spektakulärsten Seiten. Davor, auf dem Strom, schieben sich Frachter und Ausflugsboote vorbei.
Wie lange sich die sich selbst ablichtenden Touristen in der Stadt wohl aufhalten? Vielleicht nur kurz. Denn Shanghai lohnt für einen Stopover: In einer Weltstadt wie dieser wäre es einfach zu schade, nach der Ankunft nur über den Flughafen zu tigern oder die Zeit bis zum Anschlussflug in einer Lounge zu vertrödeln. Das ist in Dubai, Singapur, Madrid oder Bangkok nicht anders. Oft werden für Zwischenlandungen die Heimatflughäfen der jeweiligen Airline angesteuert, ihre Drehkreuze.
Der Aufenthalt in der Stadt erfordert eine gute Planung
Ein Stopover ist ein häufig unterschätztes Reiseerlebnis, das aber gut geplant sein sollte. Der Städtetrip für zwischendurch bedarf detaillierter Planung: Vielleicht ein bis zwei Übernachtungen sollten eingetütet werden, an Online-Reservierungen für wichtige Sehenswürdigkeiten, Stadtführungen oder Sightseeing-Busse sowie an einen City-Pass sollte man außerdem denken.
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Und an den Weiterflug. Hier bieten manche Airlines sogenannte Stopover-Programme an: Wenn Passagiere die Zwischenlandung um ein paar Tage verlängern wollen, verlangen die Gesellschaften keine Aufschläge aufs Ticket. Manche werben auch mit Rabatten bei der Unterkunft.

Die Altstadt bietet einen Kontrast zu den Wolkenkratzern von ShanghaiQuelle: Andreas Drouve/dpa-tmn
Viel erleben in kurzer Zeit – das jedenfalls ist das Motto beim Stopover. Im Fall von Shanghai, sagt Stadtführerin Pu Yihua, könne man an einem vollgepackten Tag das Wichtigste sehen. Wer auf schnellstem Wege zum Bund möchte, nimmt ab dem Airport Pudong die Metro in die Innenstadt und steigt am People’s Square oder der Station Nanjing Road East aus. Von dort ist es jeweils nicht weit zur bekannten Uferpromenade, die Aussichten auf die Skyline bietet.
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Mit Pu Yihua unterwegs, bleibt sogar Zeit für einen kurzen, persönlichen Blick in die Geschichte ihrer Heimatstadt. „Als ich klein war, hatten wir bei uns zu Hause keinen Kühlschrank und keinen Fernseher.“ Hochhäuser kamen erst in den Neunzigerjahren. „Bis dahin waren da nur Bauernhäuser und Reisfelder“, sagt die 46-Jährige.
Grüne Oasen und Wolkenkrater in Shanghai
Dann katapultierte sich Shanghai an die Spitze der chinesischen Industrieplätze, doch nicht alles wurde flächendeckend zubetoniert. Um den zentralen People’s Square wurzeln Bäume und Blumen im Großstadtdschungel, und der elegante, einst private Yu-Garten aus dem 16. Jahrhundert in der Altstadt im Huangpu-Distrikt fungiert gar als Musterbeispiel chinesischer Gartenarchitektur.

Grüne Idylle: der Yu-Garten aus dem 16. Jahrhundert im Huangpu-DistriktQuelle: Andreas Drouve/dpa-tmn
„Als Philosophie stand dahinter, in einer idyllischen Oase in innerer Harmonie zu leben“, sagt Führerin Yihua. Hinter jeder Biegung öffnet sich ein neues Bild: ein Teich, die Drachenmauer, Naturskulpturen aus durchlöcherten Kalksteinen, Wandelgänge, alte Baumriesen wie ein Gingko und eine Magnolie. Alles nicht unbedingt Dinge, die man als Erstes mit einer Megacity verbindet.
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Doch historische Bauten sind in Shanghai die Ausnahme. Eine ist der Jadebuddha-Tempel von 1882 im Bezirk Jing’an. Die Räuchergaben dampfen wie in anderen Metropolen Asiens, an Bonsais und Löwenskulpturen baumeln beschriftete Glücksbändchen. Beim Zugang in die Halle der Himmelswächter passiert man extrem hohe Schwellen. „Die sind da, um die bösen Geister abzuhalten, denn Geister haben keine Knie“, sagt Yihua.

Der Jadebuddha-Tempel im Bezirk Jing’an gehört zu den wenigen historischen Bauten in der StadtQuelle: Andreas Drouve/dpa-tmn
Die umgewandelte Altstadt erinnert an Disneyland – entzückt aber mit fantasievollen Fassaden und Dächern, vor allem im Lichtzauber bei Dunkelheit. Laut der Gästeführerin befand sich hier einst ein Konglomerat aus normalen Wohnhäusern, bevor es der Staat in eine touristische Schau- und Einkaufskulisse mit Boutiquen, Restaurants, Teehäusern, Cafés und Souvenirläden verwandelte.
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Im Finanzdistrikt Lujiazui wuchern die Wolkenkratzer, angeführt vom Shanghai Tower. In knapp einer Minute schießt der Aufzug auf 546 Meter Höhe zur verglasten Aussichtsetage. Manchmal trübt leider Dunst die Sicht.
Ein kurioses Ziel ist das Shanghai Propaganda Poster Art Centre, das sich im Distrikt Changning in einem Bürohochhaus versteckt. Es zeigt Zeitdokumente kommunistischer Indoktrinierung, natürlich frei von kritischen Ansichten.

Im Shanghai Propaganda Poster Art Centre ist Mao in heroischen Posen zu sehenQuelle: Andreas Drouve/dpa-tmn
„Die Poster hingen einstmals in Schulen, Universitäten, Fabriken, Büros“, sagt Direktor Yang Peiming, der die ungewöhnliche Sammlung zusammengetragen hat. Viele historische Poster seien vernichtet worden, sagt der 75-Jährige. Dafür prangt der einstige Führer Mao Tse-tung mehrfach in heroischen Posen an den Wänden. Das Museum wird staatlich unterstützt.
Durch die Kanäle des Wasserdorfs Luzhi
Je nach Länge des Stopovers bleibt Zeit, weitere Kreise zu ziehen. Lohnenswert ist der Besuch eines von über zehn Wasserdörfern in der Nähe der Metropole. Ein Tipp ist Luzhi mit einem Netz aus Kanälen, durch die Ausflugsboote schaukeln. Jede Brücke trägt einen anderen Namen: Brücke des Glücks, Brücke des ewigen Friedens, Brücke der duftenden Blumen.