Elektronischer Plattwurm: Ingenieure haben einen Schwimmroboter entwickelt, der kleiner ist als eine Kreditkarte, aber viele Talente besitzt. Der wendige Roboter ist marinen Plattwürmern nachempfunden und bewegt sich mit wellenförmigen Flossenbewegungen fort. Er kann autonom Lichtquellen folgen, aber auch Objekten. In Zukunft könnte der kleine Roboter beispielsweise in der wasserbasierten Landwirtschaft oder zur Erkundung von Korallenriffen eingesetzt werden.
Tiere dienen regelmäßig als Inspiration für Erfindungen. Besonders in der Robotik orientieren sich Ingenieure an Mechanismen, die in der Tierwelt über Jahrmillionen hinweg entstanden sind, wie zum Beispiel Laufmechanismen von Insekten oder sprungbegabte Beine von Affen. Doch nicht nur auf dem Land, sondern auch unter Wasser nehmen sich Ingenieure die Natur zum Vorbild, um effiziente Roboter zu entwickeln.
Kleiner Roboter macht die Welle
Auch ein neuer Schwimmroboter, den Forschende um Florian Hartmann vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme entwickelt haben, ist von der der Unterwasserwelt inspiriert: Er ahmt den Schwimmmechanismus von marinen Plattwürmern (Polycladida) nach.
„Bei Plattwürmern erstrecken sich die Flossen in Längsrichtung über den gesamten Körper und erzeugen mehrere Wanderwellen entlang der Flosse, die zur Fortbewegung und Stabilität beitragen“, erklären die Forschenden. Um sich ähnlich fortzubewegen, verfügt der Roboter über Flossen aus einer 500 Mikrometer dünnen Membran, die sich wellenförmig bewegen und ihn so auch leicht genug machen, um auf der Oberfläche zu schwimmen.
Zusätzlich hat der „elektronische Plattwurm“ Sensoren für Infrarotstrahlung und sichtbares Licht, die es ihm ermöglichen, autonom in Richtung des Lichts zu navigieren. Dieses Talent stellt der Roboter auch im obigen Video unter Beweis, indem er der an einer Gummiente befestigten Lichtquelle folgt. Diese Sinneswahrnehmung ist eine weitere Gemeinsamkeit mit Plattwürmern, denn auch sie haben photosensorische Sinnesorgane, mit denen sie die Helligkeit und Richtung einfallenden Lichts wahrnehmen können.

Besser als sein tierisches Vorbild
Doch der Schwimmroboter hat auch Fähigkeiten, die deutlich über die seines marinen Vorbilds hinausgehen: Seine Flossen bewegen sich zum Beispiel bis zu zehnmal schneller, wodurch er bis zu zwölf Zentimeter pro Sekunde zurücklegen kann und eine Spitzenbeschleunigung von 38 Zentimetern pro Quadratsekunde erreicht. Aber damit nicht genug: Mithilfe von vier künstlichen Muskeln kann sich der Roboter außerdem deutlich wendiger bewegen als ein Plattwurm.
„Je nach aktivem Aktorenpaar schwamm das Modul vorwärts, rückwärts, seitwärts oder drehte sich, so dass ein Vehikel entstand, das mit Quadcopter-Drohnen vergleichbar ist, nur eben auf der Wasseroberfläche“, schreiben Hartmann und sein Team. „Die Schwimmroboter umfahren Hindernisse, schwimmen durch enge Räume und schieben Gegenstände mit dem 16-Fachen ihres eigenen Körpergewichts an, was praktische Aufgaben mit hoher Schubkraft ermöglicht.“
Seite an Seite mit Korallen
Mit seiner Manövrierfähigkeit, einer Größe kleiner als eine Kreditkarte und dem propellerlosen Antrieb könnte der Schwimmroboter zum Beispiel bei ökologischen Studien, zur Überwachung von Umweltverschmutzung und in der wasserbasierten Landwirtschaft eingesetzt werden. Zusätzlich könnte er Korallenriffe erkunden oder sogar im Wasser befindliche Maschinen inspizieren, wie die Forschenden berichten.
Doch bis es so weit ist, benötigt der elektronische Plattwurm noch ein paar Upgrades. „Unser Ziel ist es, die Betriebszeiten zu verlängern und die Autonomie zu verbessern, um den Weg für reale Anwendungen zu ebnen“, erklärt Hartmann. (Science Robotics, 2025; doi: 10.1126/