Die türkische Regierung wird durch mehrere Artikel in türkisch-zypriotischen Zeitungen belastet. Im Fokus stehen Bestechungszahlungen an Minister.
Nikosia – Der Vorsitzende der türkischen Oppositionspartei CHP, Özgür Özel, hatte am 15. April den „größten Rettich“ bereits angedeutet. Gemeint sind damit Schmiergeldzahlungen an den jetzigen Außenminister und ehemaligen Geheimdienstchef Hakan Fidan und den ehemaligen Ministerpräsidenten Binali Yildirim.
„Hakan Fidan ist darin verwickelt, Binali Yıldırım ist darin verwickelt, ihre Kinder sind darin verwickelt. Es fließen große Summen auf ein Konto in England“, sagte Özel in einer Fraktionssitzung. Den Begriff „größten Rettich“ hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan verwendet, nachdem er den Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu am 19. März wegen Korruptionsvorwürfen und Terrordelikten verhaften ließ. Erdogan deutete an, es gebe noch mehr Gründe für die Verhaftung Imamoglus.
Mafiapate soll Minister in der Türkei geschmiert haben
Mehrere frühere und aktuelle Berichte der türkisch-zypriotischen Zeitung Kibris Bugün bestätigen die Worte von Oppositionsführer und belasten die Weggefährten von Präsident Erdogan. Dem Bericht vom Februar 2024 soll der ehemalige Innenminister Süleyman Soylu am 7. März 20 Millionen Dollar von Halil Falyalı bekommen haben, einem 2022 ermordeten Mafiapaten aus dem türkisch kontrollierten Teil von Zypern. Der ehemalige stellvertretende Präsident Fuat Oktay habe nach dem Bericht der Zeitung von 2023 sogar 50 Millionen Dollar von dem einstigen Mafiapaten bekommen.
Treffen mit Ex-Finanzchef von Mafiapaten in Niederlanden
Die Zeitung berichtet jetzt nach einem Treffen mit Cemil Önal, dem ehemaligen Finanzchef des Mafiapaten, über weitere Hintergründe zu den Verbindungen von Regierungsmitgliedern zur Mafia. Önal war zuletzt für 16 Monaten in den Niederlanden eingesperrt und lebt jetzt unter Schutz. Etwa 45 „Bänder“, also Video- und Audiomitschnitte, sollen das bestätigen.
Außenminister Fidan sei damals eingeschritten, um die Mitschnitte zu bekommen. „Als Hakan Fidan von den Entwicklungen um die Bänder erfuhr, die sich angeblich im Besitz von Falyalı befanden, wollte er, dass diese Bänder in die Hände des Staates gelangen“, zitiert das Blatt den ehemaligen Finanzchef von Falyalı. Fidan habe deswegen Ekrem Serim als Botschafter in die international nicht anerkannte Türkische Republik Nordzypern geschickt.
Geheimdienst in Türkei macht Jagd auf fehlende fünf Bänder
„Als Ekrem Serim in Zypern ankam, bestand seine erste Aufgabe darin, das gesamte Sicherheitspersonal um ihn herum auszutauschen. Er brachte sein eigenes Team mit. Er bemühte sich intensiv darum, die Bänder zu bekommen. Gerüchten zufolge sollen es insgesamt 45 oder 46 Bänder gewesen sein. Ekrem Serim lieferte jedoch nur 40 von ihnen nach Ankara. Die anderen 5 Bänder blieben bei ihm“, so der Finanzchef. Die Bänder habe Fidan an den jetzigen Geheimdienstchef Ibrahim Kalin übergeben, der den Fall an Präsident Erdogan weiterleitete.
„Obwohl nicht genau bekannt ist, wer auf den 5 fehlenden Bändern zu hören war, wird vermutet, dass die Söhne von Binali Yıldırım und Hakan Fidan erwähnt werden“. Jetzt soll der Geheimdienst MIT hinter den Bändern sein. „Die 5 fehlenden Videos, hinter denen das MIT her ist: Ein Netzwerk von schmutzigen Beziehungen, das bis in die höchsten Ebenen des Staates reicht“, titelt die Zeitung schon am 14. April.
Beschuldigte in der Türkei zeigen sich verärgert
Inzwischen hat sich das Außenministerium in der Türkei zu dem Fall geäußert. „Gegen diese haltlosen Anschuldigungen, die sich auf keinerlei konkrete Beweise stützen, werden rechtliche Schritte eingeleitet“, kündigt das türkische Außenministerium an. Auch der ehemalige Innenminister Süleyman Soylu hat sich zu dem Bericht geäußert. „Es ist feige von diesen Leuten, die zum Spielzeug aller Arten ausländischer Geheimdienste geworden sind, keine Dokumente, Informationen oder Beweise vorzulegen, die sie haben, ganz gleich, um welches Thema es sich handelt“, s
Falyalıs Hände reichten von Zypern bis in die Türkei und nach Venezuela
Falyalı war in verschiedenen Bereichen tätig. Neben Drogengeschäften und Geldwäsche war er vor allem im Glücksspielgeschäfte involviert. Die Verbindungen von Falyalı reichten zudem bis nach Venezuela, hatte der ins Exil geflohene Mafiaboss Sedat Peker in einem seiner Videos erzählt.