Die Apple-Aktie war eines der besten Investments des vergangenen Jahrzehnts. Schon oft wurde das Ende dieser erstaunlichen Börsen-Saga besungen. Doch diesmal gibt es gleich mehrere Zeichen dafür, dass Apple an Grenzen stößt.
Wie oft schon haben Beobachter dem iPhone-Konzern vorhergesagt, er nähere sich dem Ende des Wachstums. Die Sättigung mit iPhones sei erreicht, die Geräte angesichts gleichwertiger Konkurrenz aus China zu teuer, alle notwendigen Apps geladen und neue Unternehmungen wie Apple TV nur ein teures „Me-too“-Produkt.Immer wieder hat Apple seine Kritiker Lügen gestraft: Als die Absatzkurve der verkauften iPhones flacher wurde, erhöhte Apple den Preis der neuen Geräte auf über 1000 Dollar – und verkaufte sie ungerührt weiter.
Apple zahlt nicht mal 15 Prozent Steuern
Der angeblich bereits übervolle App-Store warf Jahr um Jahr immer höher Erträge ab, die Beteiligung an neuen Abo-Modellen spülte Milliarden in die Kassen. Und nebenbei ließ Tim Cook die Steuerquote tunen und Milliardenerlöse ungerührt in Steueroasen umleiten. Im Geschäftsjahr 2024 lag die Steuerquote des gesamten Apple-Konzerns bei gerade mal 14,69 Prozent. Die Netto-Umsatzrendite, also gemessen am Ergebnis nach allen Kosten, Zinsen und Steuern, betrug 24,3 Prozent.Platz eins auf dem Börsenthron war Apple damit sicher. Dass die Apfel-Jünger aus Palo Salto 2024 kurzzeitig von Nvidia eingeholt wurden … so what? Das New Kid on the block hat Apple an der Börse längst wieder abgehängt.

Was also soll schon passieren? Eine ganze Menge.
1. Problem: Das Wachstum passt nicht mehr zur Bewertung
Seit Jahresanfang hat die Apple-Aktie, in Dollar gerechnet, zehn Prozent verloren. Europäische Investoren sind wegen der Dollarschwäche sogar schon 18 Prozent im Minus (Stand 20. März 2025). Aktuell ist eine Apple-Aktie 214 Dollar wert, damit ist der Konzern Apple mit einem Börsenwert von 3,23 Billionen Dollar das mit Abstand wertvollste Unternehmen der Welt. Die zweitplatzierte Nvidia bringt 2,9 Billionen Dollar auf die Waage, Microsoft, mittlerweile nur auf Platz 3, ist 2,87 Billionen Dollar wert.Auf diesem Niveau wird der Apfel-Konzern mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30,8 bewertet. Es würde also 30 Jahresgewinne brauchen, um den aktuellen Börsenwert zu erwirtschaften. Das ist teuer, aber ok; Microsoft zum Beispiel wird mit dem 31-fachen Gewinn bewertet, Nvidia mit dem 40-fachen. SAP aktuell sogar mit dem 42-fachen.Das Problem: Eine alte Börsenregel lautet: Das Gewinnwachstum, in Prozent, sollte dem KGV entsprechen. Nvidia wuchs bislang sogar schneller– Apple nicht.Der Umsatz und der Gewinn wuchsen im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2024/25 nur noch um vier Prozent. Allerdings stieg auch die – bereits beeindruckende – Rohertragsmarge leicht auf 46,9 Prozent. „Im Jahr 2007, als das neue iPhone kam, hatte Apple sehr gute Wachstumsaussichten. Da war das KGV bei ungefähr 30 und das Kurs-Umsatzverhältnis bei drei“, erklärte der Fondsmanager Thierry Borgeat auf dem Youtube-Kanal „René will Rendite“. In den Folgejahren, als schon einmal Zweifel aufkamen, wurde die Aktie phasenweise nur noch mit dem zehnfachen Gewinn bewertet. „Rückblickend betrachtet wäre das ein No-Brainer gewesen“, ärgert sich Borgeat. Nur einer erkannte das damals schon: Warren Buffett stieg ein. Jetzt habe man wieder eine „sehr stolze Bewertung“ wie 2007, merkt Borgeat an. Aber 50 Prozent vom Umsatz entfielen nun auf ein iPhone, das keine Innovation mehr sei und sich in einem gesättigten Markt befinde. „Zum ersten Mal verliert Apple in China stark Marktanteile an Xiaomi und andere“, warnt Borgeat, „und trotzdem zahlst du 30mal Gewinn – das ist einfach brutal viel.“
2. Problem: Neue Produkte verzögern sich
Die Wachstumsaussichten stehen und fallen mit der Frage, ob und welche Produkte die Kunden in den kommenden Jahren nachfragen werden. Ausgerechnet der hochinnovative Apple hatte anfangs kein KI-Modell am Start als ChatGPT, Llama oder Grok schon begannen, den Markt aufzurollen. Dabei ist der Konzern mit der Sprachassistentin „Siri“ schon seit Jahren in einem angrenzenden Sektor aktiv. Erst im Herbst 2024 kündigten die Kalifornier „Apple Intelligence“ für Siri an. Doch das Produkt zeigt überraschende Schwächen. Mittlerweile steht fest, dass die nächste iPhone-Generation, die im Herbst auf Markt kommt, noch nicht mit der angekündigten neuen KI-Siri ausgerüstet sein wird. Apple will – anders als ChatGPT – viele KI-Funktion auf dem Gerät selbst ausführen lassen. Doch ohne neue KI-Funktion dürfte die Nachfrage nach neuen iPhones geringer ausfallen als erhofft. In einem internen Meeting soll die Situation als „hässlich“ bezeichnet worden sein, berichtet „Mac Life“. Donnerstagabend wurde bekannt, dass Tim Cook die Führung der KI-Unit austauscht. Nun soll Mike Rockwell, bisher Leiter der Produktentwicklung für die VR-Brille Vision Pro, „Siri retten“, wie es das Magazin ausdrückte.
Apple-Roboter statt Autos
Es ist nicht der einzige Rückschlag: Die Arbeiten an einem Apple Car, einem selbstfahrenden Auto, wurden Anfang 2024 eingestellt, nachdem Apple Milliarden in die Entwicklung und das Abwerben von Mitarbeitern gesteckt hatte. Nun will Apple – unbestätigten Berichten zufolge – auf Smart-Home-Roboter setzen. Die werden aber nicht vor 2028 serienreif sein. Als ersten Gag erweckte Apple eine Lampe im Stile des Vorspanns der „Pixar“-Filme zum Leben.

VR-Brille ist top – aber zu teuer
Die VR-Brille Vision Pro ist vielleicht das innovativste Produkt, das Apple in den vergangenen Jahren herausgebracht hat. Auch Konkurrenten sehen darin eine technische Meisterleistung. Doch so beindruckend die Welt der Vison Pro auch ist: Sie ist bislang viel zu teuer, um nennenswerte Stückzahlen generieren zu können.
3. Problem: Der Angriff auf den App-Store
Der App-Store gilt als der Burggraben um den Apple-Konzern: Zum einen werfen Umsatzbeteiligungen an den Apps viel Geld ab. Zum anderen verhindern die Apps samt der iCloud, in der viele Nutzer mittlerweile Dateien und Fotos aus mehr als einem Jahrzehnt gespeichert haben, dass User den Apple-Kosmos jemals verlassen: Denn der Umstieg auf ein anderes Bediensystem und die Neuinstallation von Dutzenden Apps in der Android-Welt sind den meisten viel zu aufwändig.So die Theorie.
Spotify gewinnt gegen Apple Music
Doch neuerdings steht auch der App-Store unter Beschuss. Bisher konnte sich Apple dort als Gatekeeper, also quasi als „Türsteher“ aufspielen und bestimmten Apps aus den verschiedensten Gründen die Aufnahme verweigern. Oft verweist der Apfel-Konzern dabei auf Datensicherheit oder eine Gefährdung der Stabilität seiner Software. Das ist nachvollziehbar, passt aber nicht dazu, dass Datenkraken wie TikTok oder sogar die China-KI Deep Seek dort ohne Probleme auffindbar sind.An anderen Stellen dagegen machte der Türsteher Apple von seiner Macht großzügig Gebrauch. So gibt es etwa bestimmte Navigations-Programme für viele Smartwatches dort nicht, weil sie der AppleWatch Konkurrenz machen könnten. Der Musikdienst Spotify beklagte sich jahrelang übe die hohen Umsatzbeteiligungen, die Apple für die Aufnahme in den App Store verlangte – und setzte sich schließlich durch. Dieser Sieg war maßgeblich dafür, dass Spotify zum mit Abstand weltgrößten Musik-Streamingdienst aufsteigen konnte – und das hauseigene Apple Music mittlerweile ein Randdasein fristet.Im Januar 2024 musste Apple auf der Druck der EU im Rahmen des „Digital Markets Act“ erstmals alternative App-Stores für europäische User zulassen. Damit wurde Drittanbietern erstmals eine Hintertür in den Apple-Kosmos geöffnet. Noch machen allerdings nur wenige User davon Gebrauch. Und Apple versucht alles, das Gesetz mit allerlei Nickligkeiten für seine Zwecke umzudeuten. User, die Europa für mehr als 30 Tage verlassen, verlieren zum Beispiel automatisch den Zugriff auf ihre Dritt-Apps. Erst, wenn sie nach Europa zurückkehren, funktionieren diese wieder.Bisher gilt die Regelung nur in Europa. Aber sie zeigt, dass in der Digitalindustrie selbst scheinbar uneinnehmbarer Burggraben ein Geschäftsmodell nicht ewig schützen kann.
Fazit: Ein neues Produkt müsste 200 Milliarden Umsatz bringen
Um die aktuelle Börsenbewertung zu rechtfertigen, müsse Apple nun ein neues Produkt erfinden – oder ein neues Feature –, das wieder Wachstumsphantasie entfacht, gibt Fondsmanager Borgeat zu bedenken. Ein Produkt, „das 200 Milliarden Dollar brutto im Jahr in die Kasse bringt – und dann auch noch netto 100 Milliarden Gewinn“.Hier sehe er ein riesiges Problem. Ohne diese Perspektive sei die Aktie „völlig unattraktiv. Dass Apple noch jedes Jahr um 10 oder 15 Prozent wachsen kann, dass entsprechend auch der Aktienkurs um zehn Prozent wachsen kann – schwierig.“Warren Buffett hat seine Apple-Beteiligung bereits im 2024 stark reduziert – um 67 Prozent.